Von Elisabeth Bauer, basierend auf der Wissenschaftsradio-Episode „Klima-Zukunft in Österreich“ (Radio Radieschen, Sept 2025)
Österreichs Klima verändert sich schneller als der globale Durchschnitt. Auch wenn sich der letzte Sommer für manche mild angefühlt haben mag, war er tatsächlich das heißeste Jahr weltweit seit Beginn der Aufzeichnungen. Hinter scheinbar kühlen Nächten und kurzen Regenschauern verbirgt sich eine sich beschleunigende Krise – eine, die Österreichs Landschaften, Wasserressourcen und Alltag bereits jetzt verändert.
Im Zweiten Österreichischen Sachstandsbericht Klimawandel entwerfen über 150 Forschende ein ernüchterndes Bild davon, wie die kommenden Jahrzehnte aussehen könnten, wenn die globale Erwärmung ungebremst weitergeht. Koordiniert von Daniel Huppmann vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg zeigt der Bericht, dass sich Österreich etwa 1,3-mal stärker erwärmt als der globale Durchschnitt. Das bedeutet: Jeder Grad globaler Erwärmung entspricht etwa 1,3 °C in Österreich.

“Land erwärmt sich schneller als Ozeane – und Gebirgsländer wie Österreich noch stärker“, erklärt Huppmann im Interview. „Deshalb spüren wir hier bereits jetzt deutlichere Effekte als im globalen Mittel.”
Eine Drei-Grad-Welt: Lokale Folgen globaler Veränderungen
In Österreich ist die Durchschnittstemperatur bereits um rund 3 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit gestiegen. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnten es über 4 °C werden, wenn die weltweiten Emissionen weiter zunehmen.
Die Folgen:
- Mehr Hitzewellen und Tropennächte. Was früher einmal pro Jahrzehnt vorkam, könnte bis 2100 vier- bis fünfmal pro Jahrzehnt auftreten.
- Trockenere Sommer und schrumpfende Seen. Der vom Niederschlag abhängige Neusiedlersee könnte teilweise austrocknen.
- Schmelzende Gletscher und weniger Schnee. Die Zahl der schneebedeckten Tage könnte um 35–45 Tage pro Jahr sinken, während Gletscher und Permafrost in den Alpen rasant verschwinden.
- Überschwemmungen und Stürme. Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit halten – das erhöht das Risiko von Starkregen und Sturzfluten.
Diese Veränderungen werden nicht nur Österreichs ikonische Alpenlandschaften umgestalten, sondern auch Landwirtschaft, Tourismus und öffentliche Gesundheit bedrohen. Besonders gefährdet sind ältere Menschen, Kinder und Personen mit Vorerkrankungen – sie leiden am stärksten unter langanhaltenden Hitzewellen, die in Städten bis zu 50 Tage pro Jahr erreichen könnten.
Der globale Blick: Kipppunkte und Risiken für die Menschheit
Die österreichischen Erkenntnisse spiegeln die globalen Warnungen des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts (2022) wider, der 127 potenzielle Klimarisiken identifiziert – von Nahrungsmittelknappheit bis geopolitischer Instabilität. Besonders alarmierend sind die sogenannten Klimakipppunkte: irreversible Veränderungen im Erdsystem, wie das Abschmelzen der grönländischen und antarktischen Eisschilde, der Kollaps des Amazonas-Regenwaldes oder eine Abschwächung des Golfstroms.
Sobald diese Schwellen überschritten sind, verstärken Rückkopplungen die Erwärmung – und machen sie kaum mehr aufzuhalten.
„Je mehr wir den Planeten aufheizen, desto größer die Chance, diese irreversiblen Grenzen zu überschreiten“, sagt Huppmann. „Aber wir haben immer noch Handlungsspielräume. Modelle sind kein Schicksal.“
Österreichs Optionen: Politik und persönliches Handeln
Trotz alarmierender Prognosen gibt es Fortschritte. Österreichs CO₂-Emissionen sind in den vergangenen Jahren leicht gesunken – sowohl durch Klimapolitik als auch durch gestiegene Energiepreise, die den Verbrauch reduzierten. Doch das reicht bei Weitem nicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.
Huppmann und seine Kolleg*innen plädieren für eine Kombination aus politisch gesteuerter Dekarbonisierung und individueller Verantwortung. Jede vermiedene Tonne CO₂ zählt – sei es durch erneuerbare Heizsysteme, nachhaltige Mobilität oder geringeren Konsum. „Glaube“, so Moderator Vincent Leb, „ist Teil der Lösung – der Glaube daran, dass wir den Kurs noch ändern können.“
Hören Sie den Podcast zum Artikel: https://soundcloud.com/radioradieschen/wissenschaftsradio-klima-zukunft-in-osterreich?utm_source=www.radio-radieschen.at&utm_campaign=wtshare&utm_medium=widget&utm_content=https%253A%252F%252Fsoundcloud.com%252Fradioradieschen%252Fwissenschaftsradio-klima-zukunft-in-osterreich
Quellen:
Wissenschaftsradio, Radio Radieschen (September 2025)
Second Austrian Assessment Report on Climate Change (AAR2)
IPCC Sixth Assessment Report (2022)